Abschleppkosten: Wann die Kasko die nicht übernehmen muss


Wenn bei einem Unfall ein Fahrzeug Totalschaden erleidet, muss die Kasko-Versicherung die Abschleppkosten zur Werkstatt nicht übernehmen. Und zwar dann nicht, wenn der Wagen eindeutig nicht zu retten ist. Der Grund: Die Versicherung deckt nur den Fahrzeugwert ab.

 

Der aktuelle Unfall

Der Unfall zum Sachverhalt trug sich in Österreich zu: Dort brannte ein LKW, zugelassen in Deutschland, komplett aus. Der Nachfeuerwert des Fahrzeugs betrug nur noch 52 Euro. Die österreichische Polizei ließ das Fahrzeug abschleppen. Kostenpunkt: 5.252 Euro. Die wollte die Kaskoversicherung nicht erstatten – wogegen die Transportfirma klagte. Sie begründete die Klage damit, dass der Versicherungsschutz auch die Abschleppkosten umfasse.

 

Das Urteil des Landgerichts

 

Das Landgericht (LG) Baden-Baden wies die Klage bereits ab, weil die Kaskoversicherung grundsätzlich nur den Fahrzeugwert abdecke.

Das Gericht führte dazu weiter aus, dass eine Kostenübernahme im Sinne des § 83 Abs. 1 VVG nicht begründet sei, weil die Abschleppkosten zur Schadensminderung erkennbar ungeeignet gewesen seien.

Der genannte Paragraf setze schließlich voraus, dass der Aufwand dazu beitrage, den versicherten Schaden klein zu halten. Für den eingangs geschilderten Unfall bedeute dies: Die Kaskoversicherung müsste die Abschleppkosten übernehmen, wenn sie die Restwertverwertung gefördert hätten. Das aber sei bei einem wertlosen Fahrzeug wie dem ausgebrannten LKW nicht der Fall.

 

Aus der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht

 

Gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden wurde vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe Berufung eingelegt. Doch das OLG argumentierte im Wesentlichen ähnlich wie das LG: Denn gleichwohl die Versicherungsbedingungen eine Übernahme der Abschleppkosten vom Unfallort zur nächstgelegenen Werkstatt vorsähen, gelte das nur im Fall einer Beschädigung eines Fahrzeugs und nicht für einen totalen Schaden daran.

Selbst wenn der Versicherungsnehmer einwände, er habe das Abschleppen zur Sicherung des Restwertes für erforderlich gehalten, hätte ihm (beziehungsweise selbst einem Laien) demnach klar sein müssen, dass ein total ausgebranntes Autowrack keinen Wert mehr hätte.

Die Richter wiesen in der Berufungsverhandlung auch darauf hin, dass es ein Missverhältnis zwischen LKW-Restwert und Abschleppkosten gegeben habe: Zwischen 52 und 5.252 liege der Faktor 100! Sie bewerteten die Abschleppmaßnahme – gleichwohl von der Polizei angeordnet – als objektiv ungeeignet zur Minderung des Schadens. Diese Bewertung half dem Transportunternehmens, das die Berufung einlegte, allerdings nicht: Denn die öffentlich-rechtliche Beseitigungspflicht lasse sich nicht als Begründung heranziehen, um vermeintliche Erstattungsansprüche geltend zu machen. Die Frage, ob die Kaskoversicherung für die Abschleppkosten aufkommen müsse oder nicht, entscheide sich vielmehr hinsichtlich des versicherten Schadens und der daraus resultierenden Erforderlichkeit des Abschleppens, so das OLG in seiner Argumentation.

Aber: Das OLG gab dem Kläger den Hinweis, dass er womöglich die Kfz-Haftpflichtversicherung zur Erstattung der Abschleppgebühr in Anspruch nehmen könne. Die sei schließlich ein selbständiger Vertrag.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil v. 17.2.2015, 12 U 101/15)

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