Berliner Gericht entscheidet pro Einbahnstraßen und Halteverbote für Rettungsdienste


Das Berliner Verwaltungsgericht (VG) gab jetzt einer Hilfsorganisation Recht, die in Berlin-Friedenau eine Wache mit Notfallrettungswagen und Intensivtransportwagen unterhält. Grund für deren Klage war die Tatsache, dass auf einer an der Wache angrenzenden Straße parkende Autos und der Gegenverkehr die Einsatzfahrzeuge immer wieder behindert und somit Einsatzverzögerungen von bis zu 60 Sekunden verursacht hätten. Die Hilfsorganisation hatte daraufhin das zuständige Bezirksamt um straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen gebeten, doch das Amt hatte dies abgelehnt. Ihm zufolge seien die Verzögerungen nur unwesentlich.

 

Das sah das VG offensichtlich anders: Dem Urteil vom 6. Februar 2017 (Aktenzeichen: VG 11 K 339.1) zufolge können Rettungsdienste sehr wohl Halteverbote oder die Einrichtung von Einbahnstraßen verlangen, damit ihre Einsatzfahrzeuge genug Platz haben und nicht von parkenden Fahrzeugen und dem Gegenverkehr aufgehalten werden.

 

Die Ausgangssituation

 

Die Klägerin ist Pressemeldungen zufolge eine Hilfsorganisation der Notfallrettung. Sie betreibe in Berlin-Friedenau eine Rettungswache. Dort seien unter anderem ein Notfallrettungswagen und ein Intensivtransportwagen stationiert, die unmittelbar der Disposition der Berliner Feuerwehr unterstünden. Die an das Grundstück angrenzende Straße sei sieben Meter breit. Es dürfe dort derzeit auf beiden Seiten der Fahrbahn geparkt werden. In der Vergangenheit sei es aufgrund der geschilderten Verkehrssituation zu Behinderungen durch parkende oder entgegenkommende Fahrzeuge und damit zu Verzögerungen von Notfalleinsätzen von bis zu einer Minute gekommen. Von der Rettungsorganisation vorgeschlagene straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen, zum Beispiel die Einrichtung einer Einbahnstraße oder das Ausschildern von Halteverboten, hatte das Bezirksamt abgelehnt.

 

Das Urteil

 

Das Gericht ordnete in seinem Urteil jetzt an, dass das Bezirksamt für ein besseres Durchkommen der Rettungswagen sorgen muss. Schließlich sei es entscheidend, dass die Helfer möglichst schnell am Einsatzort eintreffen – insbesondere bei Herz-Kreislauf-Zusammenbrüchen und Schlaganfällen könne es dem Berliner Verwaltungsrichtern zufolge um Sekunden gehen: die Helfer müssten bei Herz-Kreislauf-Kollaps-Patienten oder Schlaganfallpatienten in wenigen Minuten vor Ort sein, um weitere körperliche Schäden oder gar den Tod zu verhindern. Wichtig: In Berlin müsse ein Rettungswagen in acht Minuten ab Alarmierung bei dem Hilfsbedürftigen sein. Daher sei auch eine Verzögerung von nur einer Minute nicht unerheblich, entscheid das Gericht.

Dabei überließen die Verwaltungsrichter es dem Ermessen der Behörde, wie das Bezirksamt es konkret gewährleisten soll, dass die Rettungsdienst-Fahrzeuge ein besseres Durchkommen bekämen. Es verpflichtete das Bezirksamt jedoch mit seinem Urteil dazu, dies mittels straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen umzusetzen, um der auf der gegenwärtigen Situation beruhenden Gefahr verzögerter Rettungseinsätze wirksam zu begegnen. Die Straßenverkehrsbehörde sei daher zum Tätigwerden verpflichtet. Das zeitnahe Eintreffen der Helfer am Einsatzort sei entscheidend, hieß es.

Gegen das Urteil könne die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt werden.

 

Quellen:

http://rsw.beck.de/aktuell/meldung/vg-berlin-rettungsdienst-kann-strassenverkehrsrechtliche-massnahmen-gegen-verkehrsbedingte-verzoegerungen-verlangen

http://www.rbb-online.de/panorama/beitrag/2017/02/gerichtsurteil-rettungsdienste-halteverbote-einbahnstrassen.html

http://www.retter.tv/de/weitere-organisationen.html?ereig=-Gerichtsurteil-Rettungsdienst-darf-Halteverbote-und-Einbahnstrassen-verlangen-&ereignis=39214