So zumindest urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall mit dem Aktenzeichen: 10 U 6/20 Anfang November 2021. Was war geschehen? Nun, der Nachbar soll ein Ehepaar regelmäßig gestalkt und bedroht haben, so dass dieses sich sogar für einen Umzug entschied, um diesen Nachbar loszuwerden. Der müsse jetzt für die Umzugskosten aufkommen – die aufgrund der Umstände in die Zehntausende gehen.
Wenn ein Nachbar den anderen bedrohe, so dass dieser wegen der Bedrohung sogar wegziehe, dann könne er sich die Umzugskosten ersetzen lassen. In diesem konkreten Fall verurteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe den ehemaligen Nachbarn eines Ehepaares dazu, einen Schadensersatz in Höhe von über 44.000 Euro zu zahlen.
So machte sich der Nachbar schuldig: Schikane, Stalking, Vandalismus, Morddrohungen
Der Nachbar hätte laut einem Bericht der Legal Tribune Online begonnen, das frisch eingezogene Ehepaar zu schikanieren – dazu hätte er sich demnach ordentlich was einfallen lassen:
- angefangen von andauernden Beobachtungen vom Fenster seiner eigenen Wohnung aus
- über nächtliche Klopfgeräusche an der Hauswand des Paares
- bis hin zu wiederholten, derben Beleidigungen.
Zweimal hätte er sogar konkreten Todesdrohungen ausgesprochen. An einem Abend sei er dem Ehemann sogar hinterhergelaufen und habe dabei ein Beil über seinem Kopf geschwungen. Dem Ehemann sei zum Glück rechtzeitig die Flucht gelungen. Frustriert habe der Nachbar daraufhin mit besagtem Beil die Autos des Ehepaares demoliert.
Auf diesen Vorfall hin habe das Ehepaar zunächst für einige Monate den Wohnsitz gewechselt und sei in eine Mietwohnung gezogen. Später habe es sich ein neues Eigenheim gekauft.
Die Opfer forderten Schadensersatz
Für die
- vom Umzug verursachten Kosten
- und die Nebenkosten für den Erwerb des neuen Hauses (die Rede sei hier laut dem Zeitungsbericht von der Grunderwerbsteuer und den Notarkosten),
- aber auch für den Mindererlös sowie die Makler-Courtage des Verkaufs ihres verlassenen Hauses
hätten die Eheleute vor Gericht Ersatz gefordert. Sie verklagten ihren Ex-Nachbarn auf Schadensersatz über eine Gesamtsumme von mehr als 113.000 Euro. Mit ihrer Forderung seien sie jedoch, in erster Instanz vor dem Landgericht Mannheim, so heißt es in dem Bericht der Legal Tribune Online weiter, gescheitert. Deshalb gingen sie in Berufung.
Berufungsgericht OLG Karlsruhe: Der Schutzzweck der Norm müsse Schäden umfassen
Im Berufungsverfahren vor dem OLG Karlsruhe urteilten die Richter, das dem Ehepaar mehr als 44.000 Euro zustünden. Sein Urteil begründete der Senat damit, dass sich der Nachbar mit seinem Verhalten – Nachstellung und Bedrohung – strafbar gemacht und somit Schutzgesetze verletzt hätte.
Aus diesem Fakt ergebe sich ein Schadensersatzanspruch des Ehepaares. Wobei das Gericht darauf hingewiesen habe, dass der Anspruch nur so weit reiche, wie die geltend gemachten Schäden auch vom Schutzzweck der jeweiligen Strafnormen erfasst würden. Dies treffe auf Kosten zu, die der Wiederherstellung des persönlichen Sicherheitsgefühls dienten. In behandelten Fall seien dies sowohl die Umzugskosten als auch die Nebenkosten im Zusammenhang mit dem Erwerb des neuen Eigenheimes gewesen – also 44.000 Euro.
Die Wertminderung beim verlassenen Familienwohnsitz und die Maklerprovision habe der Senat dagegen als bloße Vermögensfolgeschäden angesehen. Diese lägen außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Strafnormen. Insoweit würde die Klage daher auch weiterhin keinen Erfolg haben.