Geschichten vom Schilderförster: Heute bin ich mal Ninja

Es mag etwas eingebildet klingen, von der „Kunst des Schilderstellens“ zu sprechen, wie es ein ehemaliger Kollege und ich gerne taten. Er selbst bezeichnete sich sogar als Sackkarren-Virtuose. Ich meine, Hallo, was soll das denn für ein Rang sein? Und doch hatte er recht, sich so zu nennen! Auf den ersten Blick scheint es ja bestenfalls lustig zu klingen, auf den zweiten aber offenbart es genau die Haltung, die du haben musst, um ein außergewöhnlicher Schildersteller zu werden. Und das sollte dein Streben sein, ein außergewöhnlicher Schildersteller zu werden. Einfach nur Schilder zu stellen macht nicht glücklich und ist auch nicht klug!
Ich lege es den neuen Kollegen immer ans Herz, ihre Fertigkeiten stets weiter zu entwickeln und nicht zu verzagen, ehe sie nicht die Sphären des schimmernden Ninja der umschleierten Höhen des Schilderwaldes erreicht haben. Oder so ähnlich…Warum? Naja, zunächst mal, weil es immer besser ist, deine Arbeit aus Überzeugung zu leisten und gut darin zu sein – was du tust, macht dich zufriedener. Ich hatte bis zu dem Tag keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, dass ich vielleicht selbst das Problem darstellte, welches ich hatte, seit ich mit dem Schilderstellen begonnen hatte. Nach ein paar Tagen Einarbeitung, durch meinen Mentor, den Ninja vom Schilderwald, wurde ich losgeschickt, allein Schilder zu stellen. Von nichts kommt nichts, sagte er noch, kurz bevor ich auf dem kalten Wasser aufschlug. Ich war zwar froh darüber, durch ein Angebot von platzda der Hölle meines damaligen Arbeitgebers zu entkommen, doch ich hatte keine gute Moral und kaum Ahnung von dem, was ich eigentlich tat. Morgens war mir das Tagespensum schon zu viel, mittags sehnte ich mich bereits nach Feierabend und wenn ich Schilder aufstellte, wurde ich ständig angemacht oder behindert. Es lief nicht rund!
Aus irgendeinem Grund fuhren der Ninja und ich an jenem Tag wieder gemeinsam auf Schildertour. Es war ein knackiger Sonnentag, die Straßencafés quollen über und die Parade leicht bekleideter Beaus und Beautys kannte kein Ende. Ich empfand es mal wieder als erniedrigend, zwischen all den Genießern, meiner dreckigen und anspruchslosen Arbeit nachzugehen. Es war mir richtiggehend unangenehm, hatte ich doch zu Hause einen Gesellenbrief in der Schublade, und nun dies… dem Ninja hingegen schien das überhaupt nichts auszumachen, ganz im Gegenteil, ich hatte den Eindruck, die Szenerie beflügelte ihn sogar. Irgendwann im Laufe des Tages nahm er mich bei Seite und sagte, – Mach dir bewusst, dass dies keine Hilfsarbeit ist, egal was die Leute denken. Die haben keine Ahnung. platzda ist eine gute Idee! Spring vom Wagen und beherrsche die Schilder, als könntest du mit ihnen im Zirkus auftreten.- Er streckte den Arm in die Luft und drehte ein Schild in der Handfläche, als sei es ein lächerlicher Drumstick! – Du musst den Eindruck vermitteln, das was du tust, nur DU machen kannst. Stell dich, sei bereit, lerne und gewinne an Souveränität, glaub an das, was du tust und niemand wird dich mehr schräg anschauen oder von der Seite anlabern. Und das Wichtigste ist, du wirst dich besser fühlen!-
Kurz darauf wachte ich auf. Seither folge ich dem Weg des Ninja und habe es nie bereut.
N.