Zwei Fahrzeuge stießen in einem Parkhaus zusammen. Der Grund. Während der eine Fahrer sich an die Ausschilderung hielt, dachte die andere Fahrerin, dass die im Parkhaus nicht gelten würden und stattdessen die Regel „Rechts vor Links“ greife. Das Landgericht (LG) Saarbrücken entschied, dass die Missachtung des Vorfahrtsschildes im Falle eines Unfalls erhebliches Verschulden begründe.
Wer in einem Parkhaus parkt, sollte die dort ausgehängten Verkehrsschilder beachten. Diese seien im privaten Raum zwar nicht bindend, bei der Schuldfrage nach einem Unfall können sie aber wichtig werden. Das ist die Lehre aus dem Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Aktenzeichen: 13 S 122/20).
Der Fall: Was geschah im Parkhaus?
In dem dem Saarbrücker Landgericht vorliegenden Fall ging es um einen Autofahrer, der im September 2019 in einem Parkhaus in Saarbrücken geparkt hatte und mit seinem Fahrzeug der Marke Peugeot in Richtung Ausfahrt unterwegs war. Eine andere Parkhausgasse kreuzte dabei seine Spur. Von dort bog eine Fahrzeugfahrerin mit ihrem Mercedes ein, und die beiden Autos stießen zusammen. Der Peugeotfahrer sei laut dem Bericht des Onlineportals kostenlose-urteile.de angesichts der zunächst stehenbleibenden Mercedesfahrerin davon ausgegangen, dass diese sich an die Ausschilderung halten würde. Über der Zufahrt hatte der Betreiber des Parkhauses das Schild „Vorfahrt gewähren“ (Verkehrszeichen 205) angebracht, das die Mercedesfahrerin jedoch missachtete. Stattdessen fuhr sie unvermittelt an. Sie sei davon ausgegangen, heißt es im Bericht weiter, dass das Verkehrsschild im Privaten Raum nicht gelten würde, sondern dass stattdessen dort die Rechts-vor-Links-Regel maßgeblich sei.
Amtsgericht verteilt Haftungsquote 50:50 zwischen Peugeotfahrer und Mercedesfahrerin
Der Peugeotfahrer sei von einer Alleinhaftung der Mercedesfahrerin ausgegangen und habe deshalb Klage auf Zahlung von Schadensersatz erhoben. Der Fall landete vor dem Amtsgericht (AG) Saarbrücken. Das habe eine hälftige Haftungsverteilung vorgenommen. Der Grund: Beiden Parteien sei ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten des § 1 Absatz 2 (Straßenverkehrsordnung (StVO) vorzuwerfen. Gegen diese Entscheidung legte der Peugeot-Fahrer Berufung ein. So kam der Fall vors Landgericht Saarbrücken.
Landgericht verteilt Haftungsquote um auf 75:25 zu Lasten der Mercedes-Fahrerin
Das Landgericht Saarbrücken entschied mit seinem Urteil teils zu Gunsten des Peugeot-Fahrers. Es erhöhte seinen Regulierungsanspruch von 50 auf 75 Prozent. Den Richtern zufolge sei nur der Mercedes-Fahrerin ein Verkehrsverstoß anzulasten. Jedoch sei auf Seiten des Peugeot-Fahrers die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zu berücksichtigen, so dass eine Haftungsquote von 75:25 Prozent zu Lasten der Mercedes-Fahrerin angemessen sei.
Gegen die Alleinhaftung der Mercedesfahrerin spreche demnach, dass der Unfall vermeidbar gewesen sei. Der Peugeotfahrer hätte laut den Richtern des LG in Erwägung ziehen müssen, dass sich die Fahrerin des Mercedes vorfahrtsberechtigt fühlte.
Aus der Urteilsbegründung
Der Verkehrsverstoß der Mercedesfahrerin ergebe sich laut dem Urteil des LG nicht aus einem Verstoß aus § 8 Abs. 1 StVO. Denn diese Vorschrift komme in Parkhäusern nur dann zur Anwendung, wenn die angelegten Fahrspuren eindeutig Straßencharakter hätten. Dies treffe auf den dem Gericht vorliegenden Fall nicht zu. Jedoch habe die Mercedesfahrerin ein erheblichen Sorgfaltsverstoß begangen, indem sie das gut erkennbare Verkehrszeichen missachtet und so den Unfall mit dem auf der bevorrechtigten Fahrgasse fahrenden Klägerfahrzeugs verursacht hätte. Die Verwendung von Verkehrszeichen außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs sei den Richtern zufolge zulässig. Zwar gehe von ihnen keine bindende Wirkung im Sinne einer straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Haftung aus. Zivilrechtlich könnten sie allerdings eine Mithaftung begründen, da ihr Regelungsgehalt jedenfalls im Rahmen des gegenseitigen Rücksichtnahmegebots entsprechend zu beachten sei.