Urteil: Falschparker ohne Vorwarnung rechtens abgeschleppt – trotz hinterlassener Handynummer

 

Darf ein Fahrzeug abgeschleppt werden, ohne seinen Besitzer trotz offensichtlich ausgewiesener Handy-Nr. davon in Kenntnis zu setzen? Das Münchner Amtsgericht entschied jetzt, dass das Abschleppen eines Autos von einem Privatgrundstück ohne Anruf rechtens sei, weil der Fahrer mit dem Falschparken privates Eigentum und privaten Besitz verletzte. Der ganze Fall hier:

 

Falschparker stellt Auto auf Parkplatz für Bahnbedienstete ab und wird abgeschleppt

 

An einem Samstag im Oktober 2015 parkte der Kläger aus Köln sein Fahrzeug am späten Abend auf einer Parkfläche in Augsburg, die von der beklagten Grundstücksbesitzerin, der Bahn, als Parkfläche für Bahnbedienstete ausgeschildert worden war. Nach Mitternacht kehrte der Fahrer zurück und fand seinen Pkw nicht mehr an seinem Platz. Er wandte sich an die örtliche Polizei, die ihn über das Abschleppen informierte. Er erfuhr so, dass es zwischen der Grundstücksbesitzerin und dem Abschleppdienst eine Rahmenvereinbarung gäbe, der zufolge die Grundstücksbesitzerin alle ihre Ansprüche gegen unberechtigte Parkplatznutzer auf Kostenerstattung an den Abschleppdienst abtrete, so dass der Abschleppdienst die Abschleppkosten erhebe. Der Kläger zahlte 253 Euro, um sein Fahrzeug wieder in Empfang nehmen zu können.

 

Fahrzeugführer findet Abschleppen unverhältnismäßig und verlangt Abschleppkosten zurück

 

Das Abschleppen empfand der Kläger als unverhältnismäßig. Seine Argumentation: Er hätte hinter der Windschutzscheibe seines PKW einen Zettel mit seiner Mobilfunknummer und dem Hinweis hinterlassen, bei Parkplatzproblemen bitte angerufen werden zu wollen. Er sei zudem in der Nähe gewesen und hätte das Auto umgehend entfernen können. Darüber hinaus begründete er, dass das Fahrzeug auch niemanden behindert hätte. Auch gegen die Höhe der Abschleppkosten hatte er Einwände: Den Aufwand für die Dokumentation (65,50 Euro) schulde er nicht, ebenso wenig den Nachtzuschlag (23,00 Euro). Er verlangte die Kosten fürs Abschleppen zurück.

 

Grundstückseigentümerin zahlt Abschleppkosten nicht zurück, Falschparker klagt

 

Die Beklagte zahlte nichts zurück. Der Mann klagte vor dem Münchner Amtsgericht dagegen. Seine Klage wurde von der zuständigen Amtsrichterin abgewiesen. Ihre Begründung: „Die beklagte Grundstückseigentümerin habe von dem falschparkenden Kläger Schadensersatz verlangen können, die Zahlung des Klägers an den Abschleppdienst sei daher mit Rechtsgrund erfolgt“, schreibt das Amtsgericht München hier.

 

Richterin weist Klage ab – Urteilsbegründung

 

Weiter heißt es dort: „Indem der Kläger sein Fahrzeug auf dem nicht der Öffentlichkeit gewidmeten Grundstück der Beklagten abstellte, verletzte er deren Eigentum und Besitz. Hierin liegt eine verbotene Eigenmacht und ein teilweiser Besitzentzug (§§ 858, 859 Abs. 3 BGB). Der Kläger handelte auch schuldhaft (§ 823 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dem Kläger hätte diese Verletzung des Eigentums und des Besitzes der Beklagten beim Abstellen seines Fahrzeugs auffallen müssen. Er räumt selbst ein, dass entsprechende Hinweisschilder für eine private Nutzung der Parkfläche vorhanden waren.“ Der Schaden der Grundstücksbesitzerin läge demnach in den Kosten, die sie wegen des Falschparkens des Klägers hatte, sprich: den Abschleppkosten.

Interessant: Die Grundstückseigentümerin sei laut Urteil des Münchner Amtsgerichts – im Unterschied zu einer staatlichen Stelle – nicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, solange ihre Maßnahmen dazu erforderlich sind, den Schaden (in diesem Fall also die Besitzstörung durch den Falschparker) zu beseitigen. Das heißt im Klartext: Die Beklagte, die dort Parkplätze für übernachtende Bahnmitarbeiter bereit hält, hätte nicht mitten in der Nacht bei einem ihr völlig unbekannten KFZ-Halter anrufen müssen, mit dem sie ersichtlich in keinerlei geschäftlichen Kontakt stünde (das nur im Unterscheid zu gegebenenfalls Kundenparkplätzen, wenn es um dort mutmaßlich abgestellte Kundenfahrzeuge ginge).

Zu dem vom Kläger angeführten Hinweis auf seine Handy-Nr. heißt es im Urteil, dass aus dem allgemein gehaltenen Hinweis hinter der Windschutzscheibe nicht hervorgegangen sei, dass der Kläger sich nur wenige Minuten auf dem Parkplatz der Beklagten aufhalten wolle. Im Gegenteil: Der Zettel suggeriere, dass der Parkplatz von ihm nicht nur kurzfristig genutzt werden sollte. Ebenso wenig hätte man dem Zettel entnommen können, dass sich der Kläger im Falle eines Anrufs sofort wieder einfinden würde. Sein Aufenthaltsort und der Zweck seines Aufenthalts seien darin nicht mitgeteilt worden.

„Die Beklagte durfte daher unter diesen Umständen das ihr zur Verfügung stehende effektivste Mittel des Abschleppens wählen, um die vom Kläger verübte Eigentumsstörung und die darin liegende verbotene Eigenmacht „sofort“ zu beenden“, lautet die Urteilsbegründung. Und weiter steht im Urteilstext: „Die reinen Abschleppkosten in Höhe von 164,50 Euro zuzüglich des Nachtzuschlags seien nicht zu beanstanden, da sie ortsüblich wären. Auch die Dokumentationskosten seien erst durch das Falschparken ausgelöste worden und daher erstattungsfähig.“

Das Urteil rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts München vom 02.05.2016 hat das Aktenzeichen: 122 C 31597/15.

Quelle: https://www.justiz.bayern.de/gericht/ag/m/presse/archiv/2016/05341/

http://www.auto.de/magazin/handy-nummer-schuetzt-nicht-vor-abschleppen/