Geschichten vom Schilderförster: Moderne Zeiten – man wird ja wohl noch träumen dürfen?

Wir schreiben das Jahr 2012. Meine Arbeitsausrüstung und vor allem mein Fahrzeug sind Top. Ganz ehrlich, was waren das für Zeiten, als die Jungs und ich noch mit Muskelkraft und manchmal unter Aufbringung der letzten Energiereserven das Schildermaterial auf den Wagen hieven mussten. Regen, Sturm, Schnee und Hagel, sengende Hitze, klirrende Kälte, egal, wir stellten und sammelten unbeeindruckt unsere Halteverbotsschilder. Gleichgültig, welche äußeren Bedingungen herrschten, gleichgültig wie viele Aufträge auf dem Zettel standen, jeder schleppte pro Halteverbotszone wenigstens vier Fußplatten von je 25 kg und kam so manchmal auf mehr als zwei Tonnen am Tag! Die Fußplatten waren zudem häufig mit Unrat, Hundekot und Urin verdreckt, was kein unerhebliches hygienisches Problem darstellte. Wir verrichteten unsere Arbeit am Fahrbahnrand, notdürftig abgesichert mit Warnlicht und Pylonen, während der gemeine Verkehrsteilnehmer es für nötig hielt, mit unverminderter Fahrt, in wenigen Zentimeter Abstand, an uns vorbei zu brausen. Eine gewisse Leidensfähigkeit gehörte damals noch zum Rüstzeug eines guten Schilderstellers. Oder war es Phlegma?

Ich erinnere mich noch an den Winter 1978…

Aber gut, die rauen Jahre auf der Straße haben sich gelohnt. Heute setze ich mich morgens in mein neues Schilderfix Universal Montage und Platzierungsfahrzeug, kurz SUMPF. Ich rangiere in die Ladezone und zwei große programmierte Roboterarme, welche hinter dem Führerhaus montiert sind, beladen das Fahrzeug mit der gewünschten Anzahl Fußplatten. Anschließend setzt ein Kran noch ein Magazin mit entsprechend vielen Schildern auf der Ladefläche ab. Mit beladenem Fahrzeug fahre ich vom Hof und schon am Ort meines ersten Auftrages angekommen, zeigt der SUMPF, was in ihm steckt. Ich markiere per Laser, von meinem Führerstand aus, den Standort der Halteverbotsschilder. Anschließend bestätige ich im Bordcomputer ein Programm und meine Freunde, die Roboterarme, beginnen mit ihrer Arbeit. Ein handschriftliches Protokoll muss heute auch nicht mehr angefertigt werden. Eine Kamera auf dem Fahrzeug zeichnet die Parkverbotszone auf und sendet das Video direkt auf die Rechner im Büro, wo dieses ausgelesen und in ein elektronisches Protokoll übertragen wird. Ganz einfach! Der ganze Vorgang, eine normale Halteverbotszone von fünfzehn Metern abzuliefern, dauert nicht länger als fünf Minuten.

Noch angenehmer ist es, Schilder wieder einzusammeln. Zunächst wird mir während der Fahrt per GPS der Standort der am nächsten liegenden nicht mehr geltenden Halteverbotszonen angezeigt. Dorthin navigiert, dauert es pro Schild nicht länger als eine Minute, bis Schild und Fußplatten verladen sind. Der Clou kommt aber erst noch! Im Bauch des SUMPF werden die Schilder und Fußplatten von Unrat und Hundekot gereinigt und… Träum weiter!

N.