Geschichten vom Schilderförster: Zwei Enden einer Hundeleine

Kürzlich beschrieb ich meine Begegnung mit einem netten Opa, der einen Dackel struppig wie einen Ofenrohrreiniger an der Leine hatte. Aus gegebenem Anlass komme ich nochmal zum Thema Hunde und das andere Ende der Leine.
Hunde sind famose Geschöpfe. Ich kannte Hunde, für die ich durch die Wüste gegangen wäre! Ich bin mit Hunden aufgewachsen und meine persönliche Meinung ist, dass sie eine wichtige Rolle im Leben von Heranwachsenden einnehmen können. Ein gut erzogener Hund akzeptiert Kinder als ranghöhere Mitglieder des Rudels und gibt ihnen so Gelegenheit, schon früh im Leben Verantwortungsbewusstsein und Respekt gegenüber Schwächeren oder Andersartigen zu erlernen.
Dies ist umso wichtiger, da das Wort Respekt heute zu einem Synonym für „sei meiner Meinung oder du bist mein Feind“ verkommt und als eine Art Tribut erachtet wird, den man gegenüber vermeintlich Stärkeren zu erbringen hat. Wir sagen ja auch: jemandem Respekt zollen. Klingt logisch…
Natürlich gibt es degenerierte und aggressive Hunde, die niemand braucht. Schon gar nicht irgendwelche Kinder in ihrer Nähe! Doch im Großen und Ganzen ist er ein guter Begleiter und eine Bereicherung im Leben.
Leider gibt es am anderen Ende der Leine Menschen, die ebenso degeneriert und aggressiv sind. Die braucht auch niemand! Und wenn an beiden Enden Vertreter dieser Spezies herumstreunen – ich fürchte, wir sind einem solch fantastischen Duo alle schon einmal begegnet – dann heißt es Luft anhalten und unsichtbar machen… Wenn’s geht!
Ich fang jetzt nicht damit an, was wir alles falsch machen können, wenn wir Hunde halten und wie einzelne von uns dazu kommen, die Bedeutung von Respekt mit Füßen zu treten. Da bin ich nicht der Richtige, das ist nicht mein Fachgebiet. Ich bin Halteverbot Schildersteller. Mehr nicht.
Und so kommt es, dass ich letztens im Pilatuspool ein Halteverbot aufzustellen hatte. Drei Schilder, dreißig Meter. Schild eins und zwei sind aufgestellt und ich befinde mich, mit meiner Sackkarre, auf dem Weg zurück zum Wagen, um das dritte Schild zu holen. Eine ältere Dame mit einem etwas unelegant steppenden Knäuel an der Leine kommt mir entgegen. Wir beachten uns nicht weiter. Ich hebel, am Wagen angekommen, die Sackkarre unter das Schild und kehre wieder um, das Schild an seinen Standort zu bringen. Da sehe ich plötzlich, wie die gerade noch so harmlos wirkende Dame dreißig Meter weiter zulässt, dass ihr hässlicher Chichi-was-weiß-ich einen infernalisch großen Haufen auf die Schilderplatten eines soeben gestellten Schildes setzt!

Ungezügelte Fassungslosigkeit breitet sich in mir aus. Wie KALT ist das denn? Schläft die Oma? Was soll ich tun? Zu ihr laufen, sie stellen, konfrontieren, wachrütteln, beschimpfen? Oder wird sie mich mit grenzenloser Borniertheit und Arroganz ins Leere laufen lassen? Ich entscheide mich nichts zu tun. In einer Woche, wenn ich die Schilder wieder abhole, wird der Hundehaufen getrocknet sein und ich werde ihn leicht entfernen können. Bitte lass es nicht regnen…

N.